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BGH, Urteil vom 02.11.2016 – XII ZR 153/15– “Erstattung von Umzugskosten als Kündigungsfolgeschaden und Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens


Mit Urteil vom 02.11.2016 – XII ZR 153/15 musste sich der Bundesgerichtshof Gedanken über den intelligenten Einwand eines Vermieters machen, Umzugskosten eines Mieters seien trotz dessen wirksamer außerordentlicher Kündigung des Mietvertrags nicht erstattbar, weil diese Kosten auch bei einem so genannten rechtsmäßigen Alternativverhalten angefallen wären, weil der Vermieter nämlich selbst ordentlich oder außerordentlich gekündigt hätte, wenn ihm der Mieter nicht bildlich gesprochen zuvorgekommen wäre. Auch wenn die Kreativität des Vermieters großen Respekt verdient, er hatte dennoch keinen Erfolg.

Im Mai 2012 mietete der Kläger – ein Betreuungsverein – von der Beklagten einen Büroraum im Erdgeschoss eines Gebäudes, das sich in Brake befindet. Im Rahmen einer bauordnungsrechtlichen Prüfung stellte die Stadt Brake an dem Gebäude verschiedene Mängel im Brandschutz fest. Insbesondere war bei der Anbringung des Wärmedämmverbundsystems an der Außenfassade bauordnungswidrig brennbares Material, nämlich Polystyrol, verwendet worden. Mit Schreiben vom 24.04.2013 setzte die Stadt Brake den Kläger von den Brandschutzmängeln und davon in Kenntnis, dass sie dem Gebäudeeigentümer zur Behebung der Mängel am Wärmeverbundsystem eine Frist bis zum 31.05.2013 gesetzt habe, nach deren fruchtlosen Ablauf eine Untersagung der Nutzung des gesamten Gebäudes beabsichtigt sei. Mit Bescheid vom 07.06.2013 sprach die Stadt Brake gegenüber dem Kläger wegen der nicht brandschutzgerechten Dämmung der Außenfassade und der Nichtbeseitigung dieses Mangels durch den Gebäudeeigentümer eine Nutzungsuntersagung für die Mieträume aus. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung angeordnet und angekündigt, die Nutzungsuntersagung durch Versiegelung durchzusetzen, wenn das Gebäude und die darin befindlichen Räume ab dem 01.08.2013 weiterhin benutzt würden. Mit Anwaltsschreiben vom 12.06.2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis fristlos zum 30.06.2013 und zog am 28.06.2013 in von ihm angemietete neue Büroräume um. Die Miete Juni 2013 zahlte der Kläger nicht. Mit seiner Klage hat der Kläger Schadensersatz für verschiedene Umzugskosten (Möbeltransport, Abbau und Neuinstallation der EDV-Anlage, Reinigungskosten) verlangt. Der Vermieter will widerklagend die Miete für Juni 2013. Hinsichtlich des Umzugsschadens wendet der Vermieter ein, er hätte den Mietvertrag aufgrund der Nutzungsuntersagung vom 07.06.2013 selbst ordentlich oder außerordentlich gekündigt, wenn ihm der Mieter mit der Kündigung nicht zuvorgekommen wäre. Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass die Klage begründet ist und dass hinsichtlich der Widerklage noch weitere tatsächliche Feststellungen getroffen werden müssen.

Der Vermieter hat dem Mieter die Umzugskosten zu erstatten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Mietvertragspartei, die durch eine von ihr zu vertretende Vertragsverletzung die andere Partei zu einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Mietvertrages veranlasst hat, dieser Partei zum Ersatz des hierdurch verursachten Schadens (sogenannter Kündigungs- oder Kündigungsfolgeschaden) verpflichtet (BGH NJW 2000, 2342; BGH NJW 2007, 2474 Rn. 9). Grundlage für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadensersatzanspruch des Mieters ist entweder § 280 Abs. 1 BGB oder – wie im vorliegenden Fall – § 536 a Abs. 1 BGB (Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch des Mieters wegen eines Mangels), wenn die außerordentliche Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt, der zugleich einen Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB begründet (BGH NJW 2013, 223 Rn. 35). Der Anspruch setzt die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung voraus, weil er gerade denjenigen Schaden erfasst, welcher infolge der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses entstanden ist (Ghassemi-Tabar, Gewerberaummiete, § 543 BGB Rn. 46). Wird das Mietverhältnis demgegenüber nicht gekündigt oder ist eine von dem Mieter ausgesprochene Kündigung etwa aus formellen Gründen unwirksam, können die mit der Anmietung von Ersatzräumen und der damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Mieträume verbundenen Vermögensschäden des Mieters nach § 536 a Abs. 1 BGB auch als Mangelschaden erstattungsfähig sein. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter bestehende Mängel der Mietsache berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Mieträume zum vertragsgemäßen Gebrauch den Umständen nach angemessene neue Büroräume anzumieten (BGH NJW 2013, 2660 Rn. 9f.).

Im Streitfall sind die Voraussetzungen für einen auf Ersatz des Kündigungsfolgeschadens gerichteten Schadensersatzanspruch gegeben. Der Mieter war dazu berechtigt, das Mietverhältnis mit der Beklagten am 12.06.2013 aus wichtigem Grund außerordentlich zu kündigen. Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB unter anderem dann vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird. Letzteres kommt auch beim Auftreten eines Mangels in Betracht, der dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entgegensteht (BGH NZM 2014, 165 Rn. 18). Dabei braucht im vorliegenden Fall nicht im einzelnen erörtert zu werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen objektbezogene Mängel beim Brandschutz – unabhängig von einem Einschreiten der Ordnungsbehörde – schon deshalb einen Mangel darstellen, weil die Sicherheit der Nutzer des Gebäudes durch sie gefährdet ist. Denn außer reinen Beschaffenheitsfehlern der Mietsache können jedenfalls auch behördliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch in einer Weise aufheben oder mindern, dass sie einen Mangel im Sinne von § 536 BGB begründen. Letztere stellen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs freilich nur dann einen Mangel dar, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden (BGH NZM 2014, 165 Rn. 20). Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat. Allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (BGH NZM 2014, 165 Rn. 20). Hier hat die Stadt Brake dem Kläger die Nutzung der Mieträume durch einen sofort vollziehbaren Bescheid vom 07.06.2013 untersagt. Damit war davon auszugehen, dass das behördliche Einschreiten den Kläger in seinem vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigen würde. Zwar war der Bescheid der Stadt Brake vom 07.06.2013 im Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 12.06.2013 noch nicht bestandskräftig und die aufschiebende Wirkung eines dagegen gerichteten Widerspruchs hätte durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung wiederhergestellt werden können. Darauf kommt es aber nicht an. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass es dem Mieter grundsätzlich zugemutet werden kann, behördliche Anordnungen betreffend den Gebrauch der Mietsache auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (BGH NZM 2014, 165 Rn. 20). Auf das Risiko eines verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang muss sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Untersagung der Nutzung der Mietsache verfügt hat und der Gegenstand der ordnungsbehördlichen Beanstandungen – wie hier die nicht brandschutzgerechte Ausführung der Fassadendämmung – außerhalb des Einwirkungsbereichs des Mieters liegt (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, Mietrecht, § 543 BGB Rn. 96). Auch ist es für die Frage nach der Wirksamkeit der Kündigung irrelevant, dass die Stadt Brake nach ihrem Bescheid die Anwendung unmittelbaren Zwangs (in Form einer Versiegelung der Mieträume) zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagungsverfügung erst für den 01.08.2013 androhte. Denn das auf § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB gestützte Kündigungsrecht des Mieters besteht bereits dann, wenn im Zeitpunkt der Kündigungserklärung sicher feststeht, dass dem Mieter der Mietgebrauch nicht gewährt (vgl. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. IV Rn. 320) oder wieder entzogen wird (BGH NJW 2013, 223 Rn. 30 f.). Der Kläger brauchte daher mit seiner Kündigungserklärung nicht auf den Termin zuzuwarten, zu dem die Ordnungsbehörde die Ergreifung von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der Nutzungsuntersagung angekündigt hatte. Das Kündigungsrecht ist auch nicht nach § 543 Abs. 3 S. 1 BGB ausgeschlossen, weil der Mieter dem Vermieter keine Frist zur Mangelbeseitigung setzte oder diesen abmahnte. Einer Fristsetzung oder Abmahnung bedarf es nämlich nach § 543 Abs. 3 S. 2 BGB nicht, wenn eine Fristsetzung oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB) oder die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist (§ 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB). Jedenfalls unter den letztgenannten Voraussetzungen war in der streitgegenständlichen Sache eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Der Grundstückseigentümer hatte eine ihm von der Bauordnungsbehörde bis zum 31.05.2013 gesetzte Frist zur Herstellung eines brandschutzgerechten Zustands der Außenfassade verstreichen lassen, wodurch sich der Mieter kurz darauf mit einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung konfrontiert sah. Der Vermieter behauptet selbst nicht, dass eine brandschutzgerechte Sanierung der Außenfassade zu erwarten gewesen wäre, bevor die Bauordnungsbehörde am 01.08.2013 die von ihr angekündigte Versiegelung der Mieträume vorgenommen hätte. Deshalb wurde der Mieter zu einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund herausgefordert, weil ihm der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache aufgrund eines anfänglichen Mangels nicht gewährt oder wieder entzogen hat. Folge ist, dass der Vermieter im Wege einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung (§ 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB) nach allgemeiner Ansicht auch für den kündigungsbedingten Schaden des Mieters haftet (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 543 BGB Rn. 114; Ghassemi-Tabar, Gewerberaummiete, § 543 BGB Rn. 46; Lindner-Figura, Geschäftsraummiete, Kap. 16 Rn. 323). Soweit behördliche Beschränkungen den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache beeinträchtigen, setzt ein auf eine öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkung gestützter anfänglicher Mangel im Sinne von § 536 a Abs. 1, 1. Alt. BGB mindestens voraus, dass schon im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung mit einem späteren behördlichen Einschreiten während der vereinbarten Vertragszeit zu rechnen ist und die Behörde aufgrund der einschlägigen Vorschriften nicht nur dazu berechtigt, sondern dazu verpflichtet ist, die vertraglich vorgesehene Nutzung der Mietsache zu untersagen (BGH NJW 1977, 1285, 1286 = BGHZ 68, 294, 297). Davon ist unter den hier gegebenen Umständen auszugehen, weil die im Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung vorhandene Dämmung der Außenfassade mit brennbaren Werkstoffen von Anfang an gegen bauordnungsrechtliche Brandschutzbestimmungen verstoßen hat.

Hat der Mieter das Mietverhältnis nach einem vertragswidrigen Verhalten des Vermieters wirksam gekündigt, umfasst der ihm zu ersetzende Kündigungsfolgeschaden auch die notwendigen Umzugskosten (BGH, Urteil vom 06.02.1974 – VIII ZR 239/72). Erfolglos war das Argument des Vermieters, dass eine schadensrechtliche Berücksichtigung von Umzugskosten unter dem Gesichtspunkt eines rechtmäßigen Alternativverhaltens deshalb nicht in Betracht komme, weil der Vermieter das Mietverhältnis seinerseits hätte kündigen können. Allerdings kann die Berufung des Schädigers auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten, das heißt den Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein. Die Erheblichkeit des Einwands richtet sich nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (BGHZ 96, 157, 173; BGHZ 120, 281, 286; BGH, Urteil vom 19.07.2016 – VI ZR 75/15). Voraussetzung ist zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre. Die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGHZ 120, 281, 287; BGH NJW 2012, 2022 Rn. 17). Diese Voraussetzungen lagen aber in der streitgegenständlichen Sache nicht vor. Wäre die Außenfassade des Mietobjekts nicht bauordnungswidrig mit brennbaren Materialien ausgeführt worden bzw. hätte die Beklagte die genannten Mängel rechtzeitig vor der Nutzungsuntersagung durch die Stadt Brake beseitigt, wäre das Mietverhältnis nicht gekündigt worden und der mit den Umzugskosten verbundene Vermögensschaden beim Kläger nicht eingetreten. Der Einwand der Beklagten, sie hätte das Mietverhältnis nach der behördlichen Nutzungsuntersagung ihrerseits ordentlich oder außerordentlich gekündigt, ist mit Blick auf den Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB nicht erheblich. Diese Vorschriften bezwecken es gerade, den Mieter dagegen zu sichern, dass der Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses durch mangelbedingte Nichtgewährung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs für den Mieter unzumutbar macht. Greift der Mieter deshalb berechtigt zur Kündigung, büßt er sein vertragliches Recht zum Gebrauch der Mietsache ein, so dass der Vermieter dann verpflichtet ist, dem Mieter den Schaden zu ersetzen, den er durch diesen Rechtsverlust erleidet (BGH, Urteil vom 06.02.1974 – VIII ZR 239/72). Andererseits geht der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB freilich nicht dahin, dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache unabhängig von sonstigen möglichen Beendigungsgründen für das Mietverhältnis dauerhaft zu gewährleisten. Damit steht es in Einklang, dass der Mieter einen kündigungsbedingten Schadensersatz wegen des entgangenen Gebrauchs der Mietsache nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur für den Zeitraum verlangen kann, in dem der Vermieter auch gegen seinen Willen am Mietvertrag festgehalten werden konnte (BGH, Urteil vom 17.03.2004 – XII ZR 254/00 und BGH, Urteil vom 12.01.1972 – VIII ZR 26/71). Insbesondere die Ansprüche des Mieters auf Erstattung der Mietdifferenz wegen der Mehrkosten der kündigungsbedingten angemieteten Ersatzwohnung sind daher auf den Zeitraum bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer oder bis zur Wirksamkeit der erstmöglichen Kündigung durch den Vermieter beschränkt (BGH, Urteil vom 15.06.1964 – VIII ZR 255/62). Soweit es um einmalige Aufwendungen für die Beschaffung von Ersatzräumen, die Herrichtung dieser Räume und den Umzug geht, wird für deren Erstattungsfähigkeit maßgeblich darauf abzustellen sein, ob diese Kosten durch eine in absehbarer Zeit bevorstehende Vertragsbeendigung unabhängig von den zur Mieterkündigung führenden Umständen ohnehin entstanden wären (BGH, Urteil vom 06.02.1974 – VIII ZR 239/72; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl. Rn. 309). Kann demgegenüber wie hier nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur außerordentlichen Kündigung des Mieters führende und vom Vermieter zu vertretende mangelbedingte Gebrauchsentziehung überhaupt beendet worden wäre, schließt der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB den auf rechtmäßiges Alternativverhalten gestützten Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangelbeseitigungsversuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.

Der Bundesgerichtshof hat die Sache aber deshalb zur weiteren Klärung des Sachverhalts an das Oberlandesgericht Oldenburg zurückverwiesen, weil noch tatsächliche Feststellungen zur Frage getroffen werden müssen, ob und in welcher Höhe der Mieter Miete für Juni 2013 schuldete. Die Auffassung des Mieters, er müsse für Juni 2013 nichts zahlen, wird vom Bundesgerichtshof nicht geteilt. Er führt vielmehr aus, dass trotz der am 07.06.2013 verfügten Nutzungsuntersagung noch nicht ohne weiteres von einer Beeinträchtigung oder Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs auszugehen sei, solange die Behörde trotz eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften die formell ordnungswidrige Nutzung der Mietsache durch den Mieter duldet (vgl. Lindner-Figura, Geschäftsraummiete, Kap. 14 Rn. 274; Ghassemi-Tabar, Gewerberaummiete, § 536 BGB Rn. 181). Von einer zumindest faktischen Duldung der Nutzung durch die zuständige Behörde wird auch dann auszugehen sein, wenn sie zwar die Nutzung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits untersagt hat, vorläufig aber auf die Anwendung von Zwang zur Durchsetzung der Ordnungsverfügung verzichtet, um dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Mieter ausreichend Zeit für die Suche nach Ersatzräumen zu geben. In diesem Fall kann der „Makel“ der von der Ordnungsbehörde formell untersagten Weiternutzung der Mietsache deren Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch im Zeitraum bis zum endgültigen Auszug des Mieters möglicherweise einschränken, aber nicht vollständig aufheben (vgl. LG Potsdam, WuM 2015, 350, 352 ff.). Der Bundesgerichtshof folgt auch nicht der Argumentation des Mieters, dieser habe für Juni 2013 keine Miete zahlen müssen, weil die Beschaffenheit der Mieträume in tatsächlicher Hinsicht so weitreichend von brandschutzrechtlichen Vorschriften abweiche, dass schon deshalb eine vollständige Befreiung von der Mietzahlungspflicht ohne weiteres gerechtfertigt sei. Selbst wenn aufgrund von schwerwiegenden Mängeln beim objektbezogenen Brandschutz die konkrete Besorgnis besteht, dass im Falle eines in Zukunft eintretenden Brandes das Gesundheitsrisiko für die Nutzer der Mieträume erheblich erhöht ist, wird dieser Umstand regelmäßig nicht die Beurteilung rechtfertigen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache vollständig aufgehoben ist (vgl. KG Berlin, KGR 2004, 97, 100; OLG Brandenburg, Urteil vom 14.04.2015 – 6 U 77/12 – juris Rn. 86 ff.). Das Oberlandesgericht Oldenburg muss deshalb noch klären, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine geschuldete Miete im Monat Juni 2013 wegen der tatsächlichen und nicht brandschutzgerechten Beschaffenheit der Mietsache oder deshalb gemindert ist, weil dem Mieter die formell untersagte Weiternutzung der Mieträume nur wegen eines befristeten Verzichts auf ordnungsbehördliche Zwangsmittel ermöglicht worden ist.