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BGH, Urteil vom 1.3.2011 – XI ZR 96/09 – „Anrechnung von Steuervorteilen bei der Schadensberechnung”


Der Kläger hat einen Schadensersatzanspruch gegen eine Bank aus vorvertraglicher Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung geltend gemacht. Die Vermittler haben arglistig über die Höhe der zu erwartenden Mietpoolausschüttungen getäuscht, die bewusst unseriös kalkuliert wur-den. Die Bank, die mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet hat, konnte die Ver-mutung, von der evidenten Fehlkalkulation gewusst zu haben, nicht widerlegen und haftete daher.

In der Revision zu klären war, ob sich der Kläger Steuervorteile auf seinen Schadensbetrag anrechnen lassen muss. Der Bundesgerichtshof entschied hierzu, dass eine Anrechnung von Steuervorteilen grund-sätzlich nicht in Betracht kommt, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. In diesem Zusammenhang muss das Gericht die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung gemäß § 287 Abs. 1 ZPO festlegen. Da eine exakte Errechnung von Steuervorteilen angesichts der vielfältigen Be-sonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfor-dert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt. Nur in Fällen, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben oder er gar Verlustzuweisungen erhalten hat, gilt etwas anderes. Denn die Durchsetzung des Schadensersatzanspruches des Geschädigten würde unzumutbar erschwert, wenn bereits bekannte Steuervorteile aus dem Anlagegeschäft auf den Schadensersatzanspruch angerechnet würden und dann der Geschädigte die aus der Versteuerung der Ersatzleistung entstehenden Nachteile zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen müsste. Diese Verfahrensweise würde dem Geschädigten das Insolvenzrisiko des Schädigers ohne rechtfertigenden Grund überbürden. Das Risiko, ob eine Besteuerung der Schadensersatzleistung am Ende erfolgt ist, ist regelmäßig dem Schädiger aufzuer-legen.