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EuGH, Urteil vom 27.03.2019 – C-681/17 – “Widerrufsrecht auch beim Kauf einer Matratze im Internet“


Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urteil vom 27.03.2019 entschieden, dass einem Verbraucher auch beim Kauf einer Matratze über einen Online-Shop ein Widerrufsrecht zusteht. Im Streitfall hatte der Käufer bei einem deutschen Onlinehändler eine Matratze bestellt und nach Erhalt der Ware die Schutzfolie entfernt, um die Matratze zu testen. Anschließend hat er den Vertrag widerrufen, die Matratze zurückgesendet und vom Verkäufer die Erstattung des Kaufpreises verlangt. Der Händler hat den Widerruf abgelehnt, weil nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, wenn es um die Lieferung versiegelter Waren geht, die aus Gründen der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Der Käufer klagte daher auf Rückzahlung des Kaufpreises und hat sowohl vor dem Amtsgericht als auch dem Landgericht Mainz Recht bekommen. Der Bundesgerichtshof hat im Revisionsverfahren entschieden, dass er die Regelung nicht selbst auslegen könne, weil es sich dabei um die Umsetzung einer EU-Richtlinie (2011/83/EU) handelt, deren Auslegung dem EuGH vorbehalten ist und daher das Verfahren ausgesetzt.

Der EuGH hat nunmehr dem Käufer Recht gegeben und entschieden, dass ein Verbraucher nicht an der Ausübung seines Widerrufsrechts gehindert ist, wenn er die Schutzfolie einer im Internet gekauften Matratze entfernt hat. Denn Hintergrund des Widerrufsausschlusses sei, dass die Entfernung der Versiegelung der Verpackung die Garantie in Bezug auf Gesundheitsschutz oder Hygiene entfallen lasse, sodass die Ware bei einem Widerruf nicht mehr in den Verkehr gebracht werden könne. Bei einer Matratze sei dies aber nicht der Fall, da z.B. ein und dieselbe Matratze aufeinanderfolgenden Hotelgästen dient und es einen Markt für gebrauchte Matratzen gibt. Außerdem hat der EuGH auch auf die Möglichkeit einer gründlichen Reinigung verwiesen. Eine Matratze sei daher eher vergleichbar mit einem Kleidungsstück und damit mit einer Warenkategorie, für die die Richtlinie ausdrücklich die Möglichkeit der Rücksendung nach Anprobe vorsieht.

Damit konnte der Käufer also den Vertrag widerrufen, sodass damit zu rechnen ist, dass der BGH nunmehr die Revision zurückweist und der Käufer den von ihm gezahlten Kaufpreis zurückerhält. Allerdings hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verbraucher für jeden Wertverlust einer Ware haften, der auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Ware nicht notwendigen Umgang zurückzuführen ist. Die Frage, ob das Entfernen der Schutzfolie vorliegend über das Notwendige hinausging (und der Verbraucher damit zum Ersatz des Wertverlustes verpflichtet ist) war nicht Gegenstand der Entscheidung des EuGH und bleibt daher ungeklärt.