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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.12.2020 – 8 AZR 149/20 – “Schadensersatz bei unterbliebener Zielvereinbarung?“


Ein Arbeitnehmer hat seinen Arbeitgeber auf Schadensersatz verklagt, da dieser mit ihm nicht wie im Arbeitsvertrag vorgesehen für die Jahre 2016 und 2017 eine Zielvereinbarung abgeschlossen habe. Der Arbeitgeber hat geltend gemacht, dass die schlechte wirtschaftliche Entwicklung einer solchen Vereinbarung entgegengestanden habe.

Der Arbeitnehmer setzt sich in letzter Instanz durch, das Bundesarbeitsgericht spricht dem Arbeitnehmer den geltend gemachten Schadensersatz im Wesentlichen zu, zieht aber einen Anteil von 10 % wegen Mitverschuldens des Arbeitnehmers ab. Dies begründet das Bundesarbeitsgericht damit, dass es nicht die alleinige Verpflichtung des Arbeitgebers sei, Verhandlungen über eine Zielvereinbarung einzuleiten.

In Höhe von 90 % gibt das Bundesarbeitsgericht der Klage indes statt, der Arbeitsvertrag sei so auszulegen, dass die Ziele zwischen den Parteien zu verhandeln seien und nicht einseitig von der Arbeitgeberin festgesetzt werden können, die Verpflichtung zum Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung habe die Beklagte verletzt. Spätestens mit Ablauf der Zeitperiode, für die das Ziel zu vereinbaren war, wird die Leistung unmöglich und der Arbeitnehmer kann Schadensersatz verlangen.

Den Schaden berechnet das Bundesarbeitsgericht auf der Basis einer Schätzung nach § 287 ZPO. Der geschädigte Arbeitnehmer müsse nur die Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit des Erreichens einer Prämie ergebe. Für den Fall einer nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung sei auf den zugesagten Bonus (bis zu 25 % des Bruttogehalts) abzustellen. Zwar müsse eine Zielvereinbarung nicht stets die in Aussicht gestellte Bonuszahlung in vollem Umfang auslösen. Grundsätzlich sei aber davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele auch erreichen, wenn nicht besondere (vom Arbeitgeber darzulegende) Umstände diese Annahme ausschließen. Der Arbeitgeber hat im Verfahren entsprechende Umstände nicht dargelegt, sodass davon auszugehen sei, dass der Arbeitnehmer die entsprechenden Ziele erreicht hätte. Die schlechte wirtschaftliche Lage könne nicht berücksichtigt werden, da es ja nicht zu einer Vereinbarung gekommen sei und deswegen ungewiss sei, ob die wirtschaftliche Lage der Arbeitgeberin im Rahmen dieser Vereinbarung eine Rolle gespielt hätte und welche dies gewesen wäre.