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OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2018 – 7 U 70/17 – “Haftung des Auffahrenden


Es ist in der Rechtsprechung und Praxis, im Rahmen der Regulierung von Unfallschäden, gefestigt, dass im Zweifel der Auffahrende für den Schaden allein verantwortlich ist. Rechtliche Grundlage ist ein sogenannter Anscheinsbeweis, wonach im Falle einer typischen Konstellation (typischer Auffahrunfall mit Überdeckung der Schäden am Heck des einen beteiligten Fahrzeuges sowie Front des anderen Fahrzeugs) vermutet wird, dass der Auffahrende entweder zu schnell oder unaufmerksam gefahren ist, mithin zu spät reagiert hat. Dabei kann die Vermutung im Hinblick auf die mögliche überhöhte Geschwindigkeit gleichgesetzt werden mit einem für die Geschwindigkeit zu geringen Abstand.

Auf dieser Grundlage ergibt sich jedoch auch, dass auch solche Umstände bestehen können, bei deren Vorliegen der Anscheinsbeweis erschüttert ist. Neben der typischen Konstellation beim Anstoß, mit zumindest teilweiser Überdeckung von Front-/Heckschäden muss es sich auch sonst um eine typische Situation im fließenden Verkehr handeln. Es ist in diesem Zusammenhang wiederum geklärt, dass der Anscheinsbeweis erschüttert ist, soweit feststeht, dass im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Auffahrunfall durch den vorausfahrenden Fahrer ein Fahrstreifenwechsel vorgenommen wurde.

Es hatte sich in diesem Kontext das OLG Hamm in einem Beschluss vom 31.8.2018 – 7 U 70/17 mit einem Auffahrunfall im Kreisverkehr zu befassen, wobei die vorausfahrende Fahrzeugführerin den Kreisverkehr verlassen wollte und ein nicht verkehrsbedingtes Abbremsen (starkes Bremsen) durch diese im Raum stand. Im Ergebnis hat das OLG Hamm die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, die Berufung durch Beschluss, ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, im Sinne der alleinigen Haftung des auffahrenden Unfallbeteiligten.

Dabei wurde dargestellt, dass die Rechtsprechung hinsichtlich der Auswirkung eines Abbremsens ohne verkehrsbedingten Grund uneinheitlich beurteilt wird. Für den vorliegenden Fall wurde jedoch darauf verwiesen, dass, über ein Sachverständigengutachten abgesichert, der Auffahrende einen Abstand von max. 2 m eingehalten hat, obwohl zumindest 10 m erforderlich gewesen wären, um angemessen reagieren zu können im Sinne der StVO. Bei einem derart gravierenden Verstoß, ohne Nachweis einer grundlos starken Bremsung als Unfallursache, wurde die alleinige Haftung des Auffahrenden bestätigt.