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BGH, Urteil vom 18.02.2016 – III ZR 14/15 – “Zum Hinweis auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung


Der Kläger zeichnete im Jahr 1996 eine Beteiligung als Kommanditist an einem geschlossenen Immobilienfonds mit einer Hafteinlage von DM 50.000,00. Die Zeichnung erfolgte auf Empfehlung der Beklagten. Der Kläger verlangt unter anderem Schadensersatz wegen Falschberatung und macht unter anderem geltend, nicht darüber aufgeklärt worden zu sein, dass jährliche Ausschüttungen als vorzeitige Kapitalrückzahlung gewertet würden mit der Folge des Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB. Auch sei der Kläger nicht auf die eingeschränkte Fungibilität der Fonds-Beteiligung hingewiesen worden.

Der Bundesgerichtshof hebt das klagestattgebende Berufungsurteil des Berufungsgerichtes (des Thüringer Oberlandesgerichts) auf und weist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Meiningen, das die Klage abgewiesen hatte, zurück. Begründet wird dies damit, dass Pflichtverletzungen des Beraters nicht vorliegen. Insbesondere wurde die Pflicht zur Aufklärung über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nicht verletzt. Der Anlageprospekt ist ordnungsgemäß. Im Prospekt wird zu Beginn unter der Überschrift „Haftung der Zeichner“ darauf hingewiesen, dass die Zeichner der Anlage über die im Handelsregister eingetragene Einlage hinaus nicht hafteten, sich jedoch aus dem Gesetz Einschränkungen und Besonderheiten ergeben könnten, wobei auf andere Teile des Prospektes verwiesen wurde, wo von einem „negativen Kapitalkonto“ die Rede war und dass „durch die Ausschüttung die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auflebt“. Im Ergebnis entscheidet der Bundesgerichtshof aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung des Prospektinhaltes, dass der durchschnittlich gebildete, gehörig aufmerksame und verständige Anleger durch diese Hinweise hinreichend darüber aufgeklärt wird, dass er Ausschüttungen unter Umständen bis zur Höhe seiner Hafteinlage wieder zurückzahlen muss.

Der Bundesgerichtshof teilt auch die Auffassung des Berufungsgerichtes nicht, dass für einen gesellschafts- und steuerrechtlich nicht versierten Anleger angeblich keine Veranlassung bestünde, den Abschnitt über die steuerlichen Grundlagen und die Ausschüttung sorgfältig im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für seine Haftung durchzulesen. Denn von einem verständigen Anleger ist zu erwarten, dass er den Prospektinhalt hinsichtlich der steuer- und haftungsrechtlichen Auswirkungen der Ausschüttungen und des Umfangs der Kommanditistenhaftung sowie den im Prospekt abgedruckten Gesellschaftsvertrag sorgfältig zur Kenntnis nimmt und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt. Auch geht aus dem Prospekt deutlich hervor, dass über die eingeschränkte Fungibilität der Beteiligung eine hinreichende Aufklärung erfolgt ist.

Der Vorwurf, nicht über das Wiederaufleben der Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB oder mangelnde Fungibilität der Anlage aufgeklärt worden zu sein, ist immer wieder Inhalt gerichtlicher Entscheidungen. Wie schwierig im einzelnen es ist, eine Pflichtverletzung zu beurteilen, zeigt dieser Fall deutlich. Die 1. Instanz hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben, während der Bundesgerichtshof diese erneut zu Fall brachte. Es bleibt daher auch künftig die Auseinandersetzung mit dem Einzelfall nicht erspart, ob konkret unter Berücksichtigung aller Umstände eine die Schadensersatzverpflichtung begründende Pflichtverletzung in Form der Unterlassung der gebotenen Aufklärung tatsächlich vorliegt.