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BGH, Urteil vom 29.03.2017 – VIII ZR 44/16 – „Wie es der vorgetäuschte Eigenbedarf festzustellen?“


Wenn der Vermieter den Eigenbedarf nur vortäuscht, ist dieser dem Mieter zum Schadensersatz verpflichtet. Oft ist es aber nur schwer möglich festzustellen, ob der Vermieterbedarf vorgetäuscht ist. Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr Leitlinien für die Gerichte aufzustellen, wie diese zu überprüfen haben, ob der Tatbestand eines vorgetäuschten Bedarfes vorliegt. Der beklagte Vermieter kündigte ein Mietverhältnis mit der Begründung die Wohnung werde für einen neuen Hausmeister benötigt. Im Anschluss an den Auszug zog allerdings nicht der angekündigte neue Hausmeister sondern eine nicht mit Hausmeistertätigkeiten betraute Familie in die Wohnung ein. Der ehemalige Mieter fordert vom Vermieter Schadensersatz von insgesamt EUR 25.833,43. Bereits im Urteil vom 11.10.2016 (VIII ZR 300/15) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Vermieter eine besondere Darlegungslast bei nachträglichem Wegfall des Bedarfs obliegt. Wenn der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungsbedarf nach Auszug des Mieters nicht umsetzt, liegt nämlich der Verdacht nahe, dass der Bedarf nur vorgeschoben ist. In diesem Fall muss der Vermieter substantiiert und plausibel darlegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll.

Im vorliegenden Fall ist der Vermieter dieser Darlegungslast nicht gerecht geworden. Es wäre zu erwarten gewesen, dass dieser mit dem neuen Hausmeister nach Räumung durch den Kläger einen neuen Mietvertrag abschließt oder sich zumindest über den voraussichtlichen Mietbeginn und die genau Miethöhe verständigt. Hierzu wurde aber seitens des Vermieters nichts vorgetragen sondern nur ausgeführt, dass der Hausmeister es sich in der ersten Novemberwoche anders überlegt habe und mitgeteilt hat, dass die im Obergeschoss liegende Wohnung wegen seiner Kniebeschwerden doch ungeeignet ist und er diese nicht anmieten will. Diese Darstellung des Vermieters ist jedoch nicht plausibel und kaum nachvollziehbar. Wenn der Vermieter seiner besonderen Darlegungslast im derartigen Fall nicht nachkommt, ist die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung, nämlich das Vortäuschen eines nichtbestehenden Bedarfs an der Wohnung als unstreitig zu behandeln.

Wenn der in der Kündigungserklärung angegebene Bedarf tatsächlich nicht umgesetzt wird, muss der Vermieter in einem anhängigen Schadensersatzprozess sorgfältig und plausibel nachweisen, aus welchem genauen Grund der Bedarf weggefallen ist, will er einer Schadensersatzverpflichtung entgehen. Sofern er einen derartigen plausiblen Vortrag nicht leisten kann, ist der Vortrag des Mieters als unstreitig anzusehen, was zu einer Verurteilung zum Schadensersatz führen kann. Eine sorgfältige Prozessführung entscheidet damit über die Erfolgsaussichten einer Verteidigung gegen die Ansprüche des Mieters.