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BGH, Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15 Wechselmodell durch die „Hintertür“


Im Zusammenhang mit der Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach einer Trennung wird in jüngster Zeit verstärkt über eine paritätische Aufteilung im Sinne eines Wechselmodelles diskutiert. Eine einvernehmliche Aufteilung der Betreuung und Versorgung gemeinsamer minderjähriger Kinder im Rahmen eines Wechselmodelles ist unproblematisch. Erheblich umstritten ist jedoch, ob auch die Anordnung durch das Familiengericht möglich ist, insbesondere gegen die Ablehnung eines Elternteils.

Mit einem Beschluss vom 01.02.2017 – XII ZB 601/15 (NJW 2017, 1815 ff.) war durch den Bundesgerichtshof darüber zu entscheiden, ob auch die Anordnung einer Umgangsregelung durch das Familiengericht, welche im Ergebnis die Einführung eines Wechselmodelles zur Folge hat, in Betracht kommt. Im Ergebnis wurde dies bejaht, in Bezug auf das Wechselmodell kein Vorrang für eine Entscheidung im Bereich des Sorgerechtes gesehen.

In der Entscheidung wurde darauf verwiesen, dass Prüfungsmaßstab für das Familiengericht das Kindeswohl ist. Als Kindeswohlkriterien wurden insbesondere die Neigungen, Bindungen und der Kindeswille bestätigt. Weiter wurde ausgeführt, dass die Anhörung des Kindes vor einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich zu erfolgen hat, auch wenn dieses noch nicht 14 Jahre alt ist.

Als wesentliche praktische Voraussetzung wurde in der Entscheidung eine gewisse Nähe der elterlichen Haushalte/die Erreichbarkeit von Schule und gegebenenfalls Betreuungseinrichtungen aus beiden Haushalten genannt. Weiter wurde, aufgrund eines erhöhten Abstimmungsbedarfes, eine elterliche Kommunikationsfähigkeit vorausgesetzt. Allerdings genügt die lediglich verbale Ablehnung eines Wechselmodells nicht, um die als notwendig angesehene Kommunikation zwischen den Eltern in Bezug auf gemeinsame Kinder zu verneinen.

Es wurde die Entscheidung des Beschwerdegerichtes durch den Bundesgerichtshof aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Grund war insoweit, dass durch das Beschwerdegericht ein rechtliches Hindernis für die Anordnung eines Umgangs im Umfang eines Wechselmodelles gesehen wurde, aus Sicht des BGH fehlerhaft. Allerdings war wesentliches Kriterium, dass eine Anhörung des Kindes durch das Beschwerdegericht und auch die erste Instanz nicht erfolgt ist.