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OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.03.2016 – 24 U 152/15 – “Rechtsscheinhaftung


Das Oberlandesgericht Düsseldorf befasste sich mit Beschluss vom 01.03.2016 – 24 U 152/15 – mit einem Fall der Rechtsscheinhaftung. Als Mieter wird im Rubrum des Mietvertrags genannt die Einzelfirma P. Containerservice. Unterschrieben wird der Mietvertrag ohne jeden Vertretungszusatz durch den Beklagten persönlich. Der Vermieter klagt gegen den Beklagten auf Zahlung von Miete. Dieser macht geltend, er sei nicht Mieter, sondern er habe in Vertretung der Firma PCS Container Service Limited gehandelt und sei deshalb nicht passivlegitimiert. Das Oberlandesgericht Düsseldorf teilt diese Meinung nicht und entscheidet, dass der Beklagte persönlich haftet. Der Beklagte muss sich nämlich die Regelung des § 164 Abs. 2 BGB entgegenhalten lassen, wonach der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht kommt, wenn der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortritt. Die in ihrer Formulierung nicht gerade als glücklich zu bezeichnende Bestimmung des § 164 Abs. 2 BGB besagt zweierlei. Zunächst besagt sie, dass in allen Fällen, in denen weder die Erklärung selbst noch ihre Umstände dem Erklärungsempfänger erkennen lassen, ob der Erklärende für sich selbst oder für einen anderen handeln will, in denen also die Erklärung hinsichtlich der Person desjenigen, der Geschäftspartei sein soll, objektiv mehrdeutig ist, die Erklärung als im eigenen Namen des Erklärenden abgegeben, das Geschäft als sein eigenes angesehen werden soll. Insoweit handelt es sich um eine gesetzliche Auslegungsregel: Im Zweifel ist die Erklärung ein Eigengeschäft des Erklärenden. Darüber hinaus besagt die Bestimmung aber auch, dass, wenn die Erklärung als Eigengeschäft des Erklärenden zu verstehen ist, dieser sie nicht deshalb, weil er sie selbst als Vertreter eines anderen abgeben wollte, wegen Irrtums über ihren Inhalt anfechten kann. Der Mangel seines Willens, für sich selbst zu handeln, ist nach dieser Bestimmung, sofern er nicht erkennbar war, rechtlich unbeachtlich; er kommt daher auch nicht als Grundlage einer Irrtumsanfechtung in Betracht. Das Gesetz schützt das Vertrauen des Erklärungsempfängers darauf, dass der Erklärende selbst und nicht ein ungenannter Dritter Geschäftspartei wird, durch den Ausschluss der Anfechtungsmöglichkeit.

An der persönlichen Haftung des Beklagten ändert sich auch nichts durch die Anwendung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei unternehmensbezogenen Geschäften entwickelten Grundsätze. Bei einem unternehmensbezogenen Geschäften geht der Wille der Beteiligten nach der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung angewandten Auslegungsregel zwar im Zweifel dahin, dass der Inhaber des Unternehmens Vertragspartei wird und nicht der für das Unternehmen Handelnde (BGH NJW 2008, 1214 Rn. 11). Wenn also im kaufmännischen Geschäftsverkehr ein Vertrag ausdrücklich mit dem Unternehmen unter seiner Firma geschlossen wird und der Vertragsgegenstand dessen Tätigkeitsbereich zugeordnet werden kann, wird grundsätzlich der Inhaber des Unternehmens zum Vertragspartner, auch wenn der Vertreter nicht explizit auf die Stellvertretung hinweist. Steht die Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäfts fest, besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Vertrag mit dem Unternehmensinhaber zustande gekommen ist und der Handelnde als Vertreter agiert hat (so etwa Münchner Kommentar, BGB, § 164 Rn. 120 und BGH NJW 2008, 1214 Rn. 11). Dies gilt auch dann, wenn der Inhaber des Unternehmens falsch bezeichnet wird oder sonst Fehlvorstellungen über ihn bestehen (BGH NJW 1998, 2897). Indes ändert dies nichts an der Haftung jedenfalls auch des Beklagten persönlich. Denn neben dem Grundsatz, dass der wahre Rechtsträger durch das unternehmensbezogene Geschäft berechtigt und verpflichtet wird, ist Raum für eine Rechtsscheinhaftung des Handelnden – hier des Beklagten -, wenn dieser in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt, dass der Unternehmensträger unbeschränkt für die Verbindlichkeiten hafte. Ist der Unternehmensträger in Wahrheit eine Gesellschaft mit beschränkter Haftungsmasse, so ist der Handelnde dem gutgläubig auf den gesetzten Rechtsschein vertrauenden Vertragspartner gesamtschuldnerisch neben dieser Gesellschaft verpflichtet (BGH NJW 1998, 2897). Jedenfalls die Voraussetzungen dieser Rechtsscheinhaftung des Beklagten sind – die Unternehmensbezogenheit des streitgegenständlichen Vertragsschlusses als gegeben unterstellt – hier erfüllt. Der Beklagte hat nämlich bei Vertragsschluss in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt, dass der Unternehmensträger, nämlich die Einzelfirma P. Containerservice, für die Verbindlichkeiten aus dem streitgegenständlichen Mietvertrag unbeschränkt hafte, wohingegen es sich bei dem Unternehmen, das durch den Mietvertrag berechtigt und verpflichtet worden sein soll, um die Firma PCS Container Service Limited handeln soll.