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OLG Dresden, Urteil vom 01.06.2017 – 5 U 477/17 “Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen als Mangel der Mietsache


Nicht selten versuchen Mieter Rechte (auf Minderung der Miete oder auf außerordentliche, fristlose Kündigung eines für längere Zeit abgeschlossenen Gewerberaummietvertrags) mit der Begründung herzuleiten, es lägen öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse vor. Zwar können öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB führen, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können (vgl. BGH NZM 2014, 165; BGH NJW 2017, 1104; Günter (Richter im für das Gewerberaummietrecht zuständigen XII. Senat des BGH) NZM 2016, 569).

Das Oberlandesgericht Dresden hatte mit Beschluss vom 01.06.2017 – 5 U 477/17- einen Sachverhalt zu beurteilen, der einen Mietvertrag über eine in Oelsnitz im Erzgebirge belegene Rundhalle betraf. Der Mieter hatte in der angemieteten Halle eine Lackierkabine errichtet und führte dort Lackierarbeiten durch. Das Landratsamt Erzgebirgekreis leitete ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Vermieter als Grundstückseigentümer ein, weil die Rundhalle nur als Lagerhalle genehmigt und deshalb für den Betrieb einer Lackiererei eine Baugenehmigung erforderlich sei. Der Mieter hat daraufhin den Lackiererbetrieb eingestellt. Er meint, die Mietsache sei mangelhaft, weil er diese nicht zum vertraglich vereinbarten Zweck „Betrieb einer Lackiererei“ nutzen könne. Folglich müsse er auch keine Miete zahlen. Dieser Ansicht folgt das Oberlandesgericht Dresden jedoch nicht. Es führt aus, dass öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder -hindernisse zwar zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB führen können, wenn sie die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufheben oder mindern. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. Außerdem muss der Mieter durch die öffentlich-rechtlichen Beschränkungen und Gebrauchshindernisse in seinem vertragsgemäßen Gebrauch auch tatsächlich eingeschränkt werden. Diese Voraussetzung ist regelmäßig nur dann erfüllt, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjektes durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat; allerdings kann ein möglicher Sachmangel im Einzelfall auch darin gesehen werden, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können. Von diesen Kriterien hat der Mieter im entschiedenen Fall die tatsächliche Einschränkung des Mietgebrauchs durch das öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernis nicht dargelegt und bewiesen. Zwar handelt es sich bei der fehlenden Genehmigung für die Nutzung der angemieteten Halle um ein Gebrauchshindernis, welches sich auf die konkrete Beschaffenheit des Mietobjekts bezieht. Der Mieter hat aber nicht dargelegt und bewiesen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum in der Nutzung der angemieteten Halle zum vertragsgemäßen Zweck tatsächlich eingeschränkt war. Der Mieter konnte nicht beweisen, dass ihm für den streitgegenständlichen Zeitraum die Nutzung des Mietobjekts wegen der fehlenden Nutzungsänderung der Halle untersagt worden wäre, noch dass in diesem Zeitraum konkret eine Untersagung von Seiten des Landratsamtes Erzgebirgekreis drohte. Es fehlt daher an der tatsächlichen Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache im streitgegenständlichen Zeitraum, so dass im Ergebnis eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt.