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OLG München, Beschluss vom 31.03.2016 – 31 Wx 413/15 – “Erbeinsetzung durch Vollmacht


Die Auslegung von letztwilligen Verfügungen beschäftigen die Gerichte immer wieder. Das OLG München hatte in einem Beschluss vom 31.03.2016 (31 Wx 413/15) über die Frage zu entscheiden, ob auch eine Vollmacht als Erbeneinsetzung ausgelegt werden kann. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Erblasserin an einen nicht an der gesetzlichen Erbfolge beteiligten Dritten am 20.10.1975 folgendes Schreiben versendet:

Habe mich entschlossen nach meinem Tod mein Vermögen (Bar und Wertpapiere; C. Bank; A.) dem […] zur Verfügung zu stellen. Sollte mir unerwartet etwas zustoßen, dann erhalten Sie dieses Schreiben als Vollmacht!“

Das Schreiben war mit Ort und Datum versehen und von der Erblasserin unterzeichnet. Im Verfahren streiten sich nunmehr die drei gesetzlichen Erben mit dem Dritten, wem ein Erbschein zu erteilen ist.

Das OLG München hat entschieden, dass der den gesetzlichen Erben erteilte Erbschein nicht eingezogen werden darf. Denn auch ein Brief kann zwar grundsätzlich als Testament ausgelegt werden, wenn er vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben ist und den letzten Willen des Erblassers enthält. Voraussetzung dafür ist, dass dieser auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Es muss daher außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat, oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden. An den Nachweis des Testierwillens sind bei einem so genannten Brieftestament strenge Anforderungen zu stellen. Diese Voraussetzungen erfüllt das Schreiben aus Sicht des OLG München nicht. Dabei spielt es noch nicht einmal eine Rolle, dass es nicht als „Testament“ oder „letzter Wille“ überschrieben wurde, denn nicht die Überschrift, sondern der sich aus dem Schriftstück ergebende Inhalt sind maßgebend, also insbesondere der Umstand, dass der Wille des Erblassers, die Folgen seines Todes ernsthaft und umfassend zu regeln aus dem Schreiben hervorgeht. Dies war aus Sicht des OLG nicht der Fall, weil insbesondere auch aus Umständen außerhalb der Urkunde ein Testierwillen zweifelhaft war. Denn die Erblasserin hatte vor dem Schreiben bereits ein (später widerrufenes) Testament errichtet, in dem sie den Dritten bedacht hat. Demnach lässt sich das Schreiben auch so verstehen, dass nur der Inhalt des Testaments mitgeteilt werden sollte. Maßgeblich ist, dass es in dem Schreiben in erster Linie darum ging, eine Vollmacht zu erteilen. Ein Erbe braucht aber keine Vollmacht, sondern kann vielmehr kraft des Erbrechts über den Nachlass verfügen. Der OLG macht deutlich, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass das Schreiben tatsächlich als Erbeneinsetzung anzusehen ist, es hat hieran aber erhebliche Zweifel. Solche Zweifel bewirken, dass das Schreiben nicht als gültiges Testament angesehen werden kann und zwar zulasten desjenigen, der Rechte aus dem Schriftstück herleitet.

Demgemäß bleibt es bei dem zu Gunsten der gesetzlichen Erben erteilten Erbschein. Was die Erblasserin tatsächlich wollte, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Wer demgemäß sicherstellen will, dass sein Wille nach seinem Tod auch umgesetzt wird, sollte diesen klar und eindeutig formulieren um spätere Streitigkeiten zu verhindern.