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OLG Celle, Urteil vom 10.03.2016 – 2 U 128/15 – “Entschädigung des Vermieters bei verspäteter Rückgabe


Das Oberlandesgericht Celle befasste sich im Urteil vom 10.03.2016 – 2 U 128/15 – mit der Frage, welche Ansprüche dem Vermieter bei einer verspäteten Rückgabe der Mietsache zustehen. Gegenstand des Mietvertrages waren 1.035 m² große Gewerberäume am Rande des Stadtzentrums von Lüneburg, die als Bowlingcenter genutzt wurden. Der Mietvertrag endete am 30.04.2014, der Mieter räumte erst am 31.12.2014. In der Zeit von Mai 2014 bis Dezember 2014 zahlte der Mieter die vertraglich vereinbarte Miete. Der Vermieter klagt für diese Zeit eine deutlich höhere Nutzungsentschädigung ein und macht geltend, ihm stehe die ortsübliche Miete zu, die ein Sachverständiger dadurch ermittelte, dass er von der ortsüblichen Miete für Büro- und Praxisräume ausging und von diesem Wert einen Abschlag von 50 % machte. Vergleichbare Objekte, also als Bowlingscenter genutzte Gewerberäume, existierten in Lüneburg nicht. Ein am Stadtrand von Lüneburg belegenes Bowlingscenter musste bereits im Januar 2014 nach Insolvenz der Betreibergesellschaft schließen. Das Landgericht Lüneburg gab der Klage statt, aufgrund der Berufung des Mieters wurde das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Celle führt aus, dass der Vermieter nur Anspruch auf die vertraglich geschuldete Miete hat.

Einschlägig ist § 546 a BGB. Diese Vorschrift lautet:

Entschädigung des Vermieters bei verspäteter Rückgabe.

(1) Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist.

(2) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

Das Landgericht Lüneburg hatte angenommen, dem Vermieter stehe für die Zeit der Vorenthaltung der Mietsache (also für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses am 30.04.2014 bis zur Rückgabe am 31.12.2014) die ortsübliche Miete zu, die vom Sachverständigen zutreffend ermittelt worden sei. Dieser Auffassung folgt das Oberlandesgericht zutreffend nicht, denn das Landgericht hat § 546 a Abs. 1 BGB schlicht nicht richtig gelesen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Vermieter gegen den Mieter kein Anspruch auf Zahlung einer höheren Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a Abs. 1 BGB zu als der Betrag, der von den Parteien für die Dauer des Vertrages als Miete vereinbart worden ist und den der Mieter unstreitig an den Vermieter im Zeitraum von Mai bis Dezember 2014 gezahlt hat. Soweit das Landgericht angenommen hat, dem Vermieter stehe gegen den Mieter ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete zu, ist der rechtliche Ansatzpunkt des Landgerichts verfehlt. Das Gesetz sieht in § 546 a Abs. 1 BGB nicht vor, dass ein Mieter, der nach Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt nicht zurückgibt und die Mietsache dem Vermieter vorenthält, als Nutzungsentschädigung alternativ neben der bislang zu zahlenden Miete eine ortsübliche Miete zu zahlen habe. Vielmehr heißt es in § 546 a Abs. 1 BGB ausdrücklich, der Vermieter könne in diesem Fall als Nutzungsentschädigung „die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich“ sei. Für den Fall, dass der Vermieter eine Nutzungsentschädigung in dieser Alternative verlangt, ist die Höhe der zu zahlenden Nutzungsentschädigung daher durch eine zweistufige Ermittlung zu bestimmen: In einem ersten Schritt sind Objekte zu suchen, die mit dem Mietobjekt vergleichbar sind, in einem zweiten Schritt ist dann die ortsübliche Miete anhand der für die Vergleichsobjekte zu zahlenden Miete zu bestimmen. Maßstab der zu zahlenden Nutzungsentschädigung ist insoweit der Marktmietzins, also diejenige Miete, zu der ein vergleichbares Objekt während der Zeit der Vorenthaltung hätte weitervermietet oder angemietet werden können. Der Begriff der Ortsüblichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang lediglich, dass bei den Vergleichsmieten nicht vereinzelte Spitzenwerte (nach unten oder oben) zu berücksichtigen sind, sondern ein gewisser Durchschnitt (vgl. Schmidt-Futterer-Blank, Mietrecht, 12. Aufl., § 546 a BGB, Rn. 60). Danach richtet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung also gerade nicht nach einer ortsüblichen (bzw. angemessenen) Miete, sondern ausschließlich und allein anhand derjenigen Miete, die für Vergleichsobjekte als Miete im Zeitpunkt der Vorenthaltung durchschnittlich vereinbart worden ist. Ob diese Miete objektiv betrachtet angemessen ist oder nicht, ist rechtlich ohne Bedeutung. Gemessen daran ließ sich im Streitfall eine Nutzungsentschädigung nicht anhand von Vergleichsmieten feststellen. Es gab nämlich keine Vergleichsobjekte in Lüneburg. Bei dem streitbefangenen Mietobjekt handelte es sich um eine Spezialimmobilie, die vergleichbar in Lüneburg nicht vorhanden ist. Damit existieren keine Mieten für Vergleichsobjekte, die zur Bemessung einer Nutzungsentschädigung herangezogen werden könnten. Da ein vergleichbares Objekt nicht existiert, wäre daher die Nutzungsentschädigung im Streitfall danach zu bemessen, welche Miete der Vermieter für dieses besondere Mietobjekt auf dem Markt hätte erzielen können. Dazu hielt der Vermieter aber keinerlei Vortrag. Er hätte, falls er eine höhere als die vertraglich vereinbarte Miete beanspruchen wollte, darlegen und beweisen müssen, dass und zu welchem Mietzweck die Mieträume anderweitig hätten vermietet werden können, damit die aus seiner Sicht angemessene ortsübliche Miete erzielt wird. Die zweite Alternative des § 546 a BGB, die Nutzungsentschädigung an Vergleichsmieten zu koppeln, dient dazu, den Vermieter nicht dadurch schlechter zu stellen, dass er mit dem Mieter eine geringe Miete vereinbart hat. Er soll Nutzungsentschädigung in der Höhe verlangen können, die er als Miete für das Mietobjekt hätte erzielen können. Kann er aber den Beweis nicht führen, dass er nach Beendigung des Mietverhältnisses eine höhere Miete als die vertraglich vereinbarte hätte erzielen können, wenn der Mieter rechtzeitig geräumt hätte, steht dem Vermieter nur die vertraglich vereinbarte Miete zu.