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BGH, Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 – „Einschränkung zur fiktiven Abrechnung – Reparaturalternative


Grundsätzlich kann der Geschädigte eines Verkehrsunfalles Ansprüche aufgrund Beschädigung eines Kraftfahrzeuges fiktiv, soweit kein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt, auf Basis der erforderlichen Reparaturkosten, geltend machen. Diese fiktive Abrechnung kann insbesondere auf Grundlage eines Gutachtens erfolgen und der Geschädigte darf dabei die Kosten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt heranziehen.

Bereits seit einiger Zeit ist jedoch, mit Billigung des Bundesgerichtshofes, auf Grundlage des § 254 Abs. 2 BGB, bei Ermittlung des erforderlichen Schadensersatzbetrages zur Beseitigung des Schadens, auch anerkannt, dass der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer die Möglichkeit haben, im Rahmen der fiktiven Abrechnung den Geschädigten auf eine „mühelos und ohne Weiteres zugängliche freie Fachwerkstatt“ zu verweisen, wobei der dortige Qualitätsstandard der Reparatur in der herstellergebundenen Fachwerkstatt entsprechen muss, was der Versicherer darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen hat.

Von dieser Verweisungsmöglichkeit, welche auch im Rechtsstreit für den ersatzpflichtigen Versicherer noch möglich ist, wurden Ausnahmen formuliert, insbesondere, soweit das beschädigte Fahrzeug noch nicht drei Jahre alt ist, aufgrund der Wahrung von Ansprüchen gegen den Hersteller.

Eine weitere Ausnahme von der Verweisungsmöglichkeit liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, soweit der Geschädigte Umstände darstellt, welche ihm eine Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit, außerhalb einer herstellergebunden Fachwerkstatt, unzumutbar macht. Die Unzumutbarkeit besteht insoweit regelmäßig, soweit der Geschädigte vor dem streitgegenständlichen Schadensfall sämtliche Service- und Reparaturarbeiten in einer herstellergebundenen Fachwerkstatt hat ausführen lassen, beispielsweise nachgewiesen durch eine vollständige Kopie des (lückenlosen) Serviceheftes.

Durch den Bundesgerichtshof war nunmehr in einem Urteil vom 07.02.2017 – VI ZR 182/16 über eine solche Verweisungsmöglichkeit zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hatte der Geschädigte bei einem neuneinhalb Jahre alten Pkw mit einer Laufleistung von ca. 123.000 Kilometer zwar vor dem Schadensfall Reparaturarbeiten in einer herstellergebunden Fachwerkstatt ausführen lassen, nicht jedoch Servicearbeiten. Durch den Bundesgerichtshof wurde auf dieser Grundlage die Berechtigung zur Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei fiktiver Abrechnung bestätigt.

Soweit es bei einer fiktiven Abrechnung, beispielsweise auf Basis eines Gutachtens, verbleiben soll, ist somit genau zu überprüfen, welche Umstände beim geschädigten Fahrzeug vorliegen. Die Abweichung der erstattungsfähigen Reparaturkosten kann durchaus erheblich sein.