Project Description

OLG Hamburg, Urteil vom 23.03.2016 – 4 U 140/15 – “Einschränkung der Minderungsbefugnis


Mit Urteil vom 30.03.2016 – 4 U 140/15 – befasste sich das Oberlandesgericht Hamburg mit einer mietvertraglichen Einschränkung der Minderungsbefugnis. Gegenstand des Mietvertrages waren Seminarräume. Die Mieterin minderte die Miete für die Zeit von Mai 2013 bis Januar 2015 um insgesamt EUR 99.025,42 mit der Begründung, die Mietsache sei mangelhaft, weil es an der Genehmigung der gemieteten Räume für die gewerbliche Nutzung fehle und auch ein erforderlicher zweiter Rettungsweg nicht vorhanden sei. Im Mietvertrag heißt es, dass eine Minderung der Miete ausgeschlossen ist, dass aber Ansprüche des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung unberührt bleiben.

Das Oberlandesgericht Hamburg gibt wie bereits das Landgericht Hamburg der Zahlungsklage des Vermieters statt und führt aus, es müsse nicht geprüft werden, ob die Mietsache mangelhaft ist. Aufgrund der mietvertraglichen Regelung müsse der Mieter die Miete zunächst in voller Höhe zahlen und etwaige Minderungsbeträge in einem Rückforderungsprozess geltend machen.

Die mietvertragliche Beschränkung der Minderungsbefugnis auch in einer Formularklausel ist unbedenklich. Eine Klausel in einem gewerblichen Mietvertrag, die eine Minderung verschuldensunabhängig ausschließt, ist dann wirksam, wenn dem Mieter die Möglichkeit der Rückforderung der Miete nach § 812 Abs. 1 BGB, also unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, belassen wird (BGH NJW 2008, 2497). Diese Möglichkeit ist dem Mieter nach dem eindeutigen Wortlaut der mietvertraglichen Klausel eröffnet.

Das Oberlandesgericht weist auch darauf hin, dass die fehlende Genehmigung der gewerblichen Nutzung und der fehlende zweite Rettungsweg nicht zwingend Mängel der Mietsache sind. Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen stellen nämlich keinen Mangel dar, wenn die Nutzbarkeit der Räume mangels Einschreitens der Behörde nicht eingeschränkt war (BGH NJW 2009, 3421; BGH NJW-RR 2014, 264). Eine tatsächliche Einschränkung des vertragsgemäßen Gebrauchs liegt nur dann vor, wenn die zuständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts durch ein rechtswirksames und unanfechtbares Verbot bereits untersagt hat. Dem Mieter ist es deshalb grundsätzlich zuzumuten, die behördlichen Anordnungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (BGH NJW-RR 2014, 264). Ein solcher behördlicher Bescheid, der eine gewerbliche Nutzung entsprechend dem Mietzweck untersagt hat, ist hier nicht ergangen. Im Einzelfall kann es zwar ausreichen, dass eine langwährende Unsicherheit über die Zulässigkeit der behördlichen Nutzungsuntersagung die begründete Besorgnis bewirkt, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch nutzen zu können. Ob derartige Umstände vorliegen, wird aber erst im Rückforderungsprozess zu klären sein.