Project Description

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.06.2016 – I-3 Bx 111/16 – “Dauerthema: Auslegung von Testamenten


Die Auslegung von Testamenten beschäftigt immer wieder die Gerichte, obwohl sich dies in der Regel verhindern ließe, wenn sich der Erblasser klar ausdrückt und sich am besten vor Errichtung des Testaments juristisch beraten lässt. Einen weiteren Fall der Testamentsauslegung beschäftigte das OLG Düsseldorf im Beschluss vom 13.06.2013 (I-3 Wx 111/16). In dem dort zur Entscheidung vorliegenden Fall hatten Ehegatten zunächst im Jahr 1982 ein Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. In einem weiteren Testament aus dem Jahr 2006 haben die Ehegatten dann bestimmt, dass sie ihren Neffen als Alleinerben der Eigentumswohnung und des Vermögens einsetzen. Nach dem Tod der Ehefrau stellte sich die Frage, wer Alleinerbe ist, der Ehemann oder der Neffe, die beide einen Erbschein beantragt haben.

Inhaltlich stellt sich die Frage, ob durch das Testament im Jahr 2006 das ursprüngliche Testament aufgehoben werden oder ob dieses nur ergänzt werden sollte, der Neffe also Erbe werden sollte, wenn beide Ehegatten verstorben sind. Im letztgenannten Sinn hat das OLG Düsseldorf die Testamente verstanden und daher dem Ehemann einen Erbschein erteilt. Wäre es die Absicht der Eheleute gewesen, die in ihrem früheren Testament getroffenen Anordnungen aufzuheben, hätte es nahegelegen, dieses entweder zu vernichten oder einen entsprechenden Hinweis in das spätere Testament aufzunehmen. Dass die Ehegatten hiervon abgesehen haben, spricht aus Sicht des Gerichts dafür, dass sie die Fortgeltung ihrer gegenseitigen Erbeinsetzung als selbstverständlich angesehen haben. Hierfür spräche auch, dass eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten bei einem gemeinschaftlichen Testament üblich ist, demgegenüber aber die Einsetzung des Neffen zur Folge gehabt hätte, dass sich die Eheleute enterbt und auf den Pflichtteil gesetzt hätten. Diese Annahme widerspräche nicht nur der Lebenserfahrung. Es seien auch keine Anhaltspunkte erkennbar, warum die Ehegatten sich hätten enterben sollen.

Es kann nur vermutet werden, dass die Auslegung des OLG Düsseldorf richtig ist und die Ehegatten tatsächlich beabsichtigt haben, die wechselseitige Einsetzung zu Alleinerben nicht zu widerrufen sondern den Neffen nur als Schlusserben einsetzen wollten. Letztlich mit Gewissheit sagen lässt sich dies nach dem Tod des Testierenden aber natürlich nicht mehr. Der Fall zeigt, wie entscheidend es ist, dass ein Testament mit der notwendigen Klarheit und Deutlichkeit verfasst wird, um spätere Auslegungsschwierigkeiten zu verhindern. Dies gilt natürlich auch, wenn später weitere Verfügungen von Todes wegen folgen/hinzu kommen. Insoweit sollte stets darauf hingewiesen werden, dass es bereits eine vorherige Verfügung gibt und klargestellt werden, ob diese aufrechterhalten oder ob und in welchem Umfang diese geändert/widerrufen werden soll.