Project Description

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.01.2016 – 5 Sa 657/15, ArbG Solingen, Urteil vom 10.08.2015 – 2 Ca 180/15 – “Datenschutz im Arbeitsverhältnis


Zwei aktuelle Urteile von Instanzgerichten werfen den Blick ein weiteres Mal auf das Datenschutzrecht.

  1. Überprüfung des Browserverlaufs auf private Internetnutzung?

Das – tendenziell eher arbeitnehmerfreundliche – Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Auswertung des Browserverlaufs des Dienstrechners ohne Zustimmung des Arbeitnehmers zum Zweck der Missbrauchskontrolle zulässig ist und keinem Beweisverwertungsverbot unterliegt.

Im zu entscheidenden Fall gab es im Unternehmen eine Regelung, wonach die private Nutzung des Internets allenfalls während der Pausenzeiten gestattet war, während der Dienstzeiten untersagt.

Die Arbeitgeberin erhielt Hinweise, dass ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit das Internet in erheblichem Umfang zu privaten Zwecken nutzt und wertete ohne Zustimmung des Klägers seinen Browserverlauf aus. Es wurde eine Privatnutzung im Umfang von 5 Arbeitstagen in einem Zeitraum von 30 Arbeitstagen festgestellt. Der Arbeitgeber kündigte außerordentlich.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt den Arbeitgeber, die exzessive Privatnutzung des Internets durch den Kläger (in 30 Arbeitstagen 16.000 Internetseiten) stellten auch aus Sicht des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg eine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass die Arbeitgeberin trotz seines 16 Jahren alten Arbeitsverhältnisses keine Abmahnung aussprechen musste. Die ohne Zustimmung des Arbeitnehmers erhobenen Daten durften auch verwertet werden, die Erhebung und Auswertung des Browserverlaufs sei nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG gestattet, da die Überprüfung und Datenerhebung zur Missbrauchskontrolle vorgenommen worden sei. Begründet hat das Landesarbeitsgericht die Zulässigkeit der Verwertung auch damit, dass der Arbeitnehmer in einem Einzelbüro gesessen sei und es deswegen keine Möglichkeit gab, über Zeugenaussagen die Internetnutzung zu beweisen.

Nicht vergessen werden darf, dass der Verdacht eines Verstoßes vorliegen muss, bevor die Missbrauchskontrolle zulässig ist. Anlasslos darf eine solche Überprüfung wohl nicht durchgeführt werden. Der Grundsatz bleibt bestehen, dass es für den Arbeitgeber der sicherste Weg ist, jegliche private Internetnutzung am Dienst-PC zu untersagen, sowohl für die Ahndung wie für die Überprüfung.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (Az. 2 AZR 198/16) wurde zugelassen. Die entscheidungserhebliche Frage der prozessualen Verwertbarkeit von in einem vom Arbeitnehmer genutzten Dienstrahmen gespeicherten Daten über die Internetnutzung hat grundsätzliche und fallübergreifende Bedeutung.

  1. Videoaufnahmen

Das Arbeitsgericht Solingen hatte über die Kündigung eines Kassierers zu scheiden, der Leergutbons ohne Entgegennahme von entsprechendem Leergut ausgedruckt hatte und zum Eigenverbrauch bei Einkäufen verwendet hat. Das Vorgehen des Arbeitnehmers wurde mit offen angebrachten Videokameras und Bildschirmen im Kassenbereich überwacht und dokumentiert. Der Fall hatte die Besonderheit, dass der Arbeitnehmer zunächst den ihm angebotenen Aufhebungsvertrag, nachdem man ihm die Videos gezeigt hat, unterschrieben hat, diesen aber im Nachhinein angefochten hat.

Der Arbeitnehmer hat sich im Verfahren auf ein Verwertungsverbot berufen, die Videoaufnahmen verletzten sein Persönlichkeitsrecht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der Anfechtung des Aufhebungsvertrages abgewiesen. Das Verhalten des Arbeitnehmers lasse eine fristlose Kündigung als vertretbare Reaktion erscheinen, das Videomaterial sei auch verwertbar, da es sich um eine offene Videoüberwachung gehandelt habe, weder die Kamera, noch die Bildschirme waren im Markt zu übersehen.

Bemerkenswert ist, dass im konkreten Fall das Betrugsvolumen ca. EUR 18,00 betrug und das Arbeitsgericht Solingen diese Summe als ausreichend betrachtete. Das ist von anderen Gerichten in der Vergangenheit abhängig von Betriebszugehörigkeit und sonstigen Rahmenumständen auch schon anders bewertet worden.