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OLG München, Urteil vom 28.10.2015 – 7 O 4228/14 – “CMR-Haftung des Frachtführers im internationalen Güterverkehr


Das OLG München hat mit Urteil vom 28.10.2015 (7 O 4228/14) zur Haftung eines Frachtführers im internationalen Straßengüterverkehr entschieden. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Beklagte Frachtführer wurde vom klagenden Auftraggeber im Rahmen eines bestehenden Transport-Rahmenvertrags zum Transport von EDV-Anlagen beauftragt. In dem vom Kläger vorgegeben Vertrag ist unter anderem geregelt, dass Anhänger nicht an unbeaufsichtigten Orten abgehängt oder abgestellt werden dürfen, wobei für Wochenenden und gesetzliche Feiertage zusätzlich geregelt war, dass ein Abstellen nur in Einrichtungen des Dienstleisters oder eines Netzpartners, die eingezäunt und regelmäßig durch Sicherheitspersonal kontrolliert werden, erfolgen darf. Bei dem streitgegenständlichen unter der Woche stattfindenden Transport von Frankfurt nach Finnland übernachtete der Fahrer des Lkw auf dem Parkplatz eines Autohofs. Als er nach einer weiteren Pause auf dem Betriebsgelände am Fährhafen in Travemünde ankam, waren durch ein in die Deckenplatte des Lkw geschnittenes Loch diverse Artikel mit einem Wert von EUR 48.406,57 entwendet worden.

Sowohl das Landgericht als nunmehr auch das OLG München haben entschieden, dass der Klägerin nur der pauschalierte Schadenersatz gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR (begrenzt auf 8,33 Rechnungseinheiten je Kilogramm und damit im Streitfall auf EUR 2.600,00) zusteht, weil der Beklagten bzw. ihren Gehilfen kein vorsätzliches Verschulden im Sinne des Art. 29 CMR zur Last gelegt werden kann und zur Begründung Folgendes ausgeführt: Zwar sei anerkannt, dass ein vorsätzlicher Verstoß gegen vereinbarte Sicherheitsanforderungen je nach den Umständen vorsätzliches Verschulden begründen kann. Ein solcher Verstoß könne aber nicht festgestellt werden. Denn insoweit sei die vertragliche Vereinbarung zumindest unklar, wobei diese Unklarheit zulasten des Verwenders und damit der Klägerin gehe. Insbesondere im Hinblick darauf, dass für das Wochenende besondere Sicherheitsvorkehrungen geregelt seien, ergebe sich im Umkehrschluss, dass unter der Woche das Abstellen an einem Ort zulässig ist, der mehr ist als ein reiner Abstellplatz, aber weniger an Sicherheit bietet, als eine eingezäunte und kontrollierte Einrichtung und damit auch das Abstellen auf einem Rastplatz mit Tankstelle und Publikumsverkehr kein „unbeaufsichtigter Ort“ im Sinne des Vertrages darstelle. Auch im Übrigen reiche das Parken auf einem Autohof an einer deutschen Autobahn für die Annahme eines vorsätzlichen oder gleichgestellten Verschuldens auch dann nicht, wenn zum Transportgut leicht absetzbare Güter wie Tabakwaren oder EDV-Geräte gehören. Weitere Anforderungen wie nächtliche Kontrollgänge könnten nicht gefordert werden, zumal dies die gesetzlich vorgesehenen Ruhezeiten konterkarieren würde. Auch der Einsatz eines zweiten Fahrers oder eine elektronische Diebstahlssicherung könnten nur gefordert werden, wenn dies vertraglich vereinbart sei.

Da auch die Revision nicht zugelassen wurde, bleibt die Klägerin auf einem beträchtlichen Schaden sitzen. Dies hätte gegebenenfalls durch klarere Sicherheitsvorgaben verhindert werden können. Im Übrigen bleibt natürlich die Frage, ob die Auslegung, dass es sich bei einem Rastplatz tatsächlich nicht um einen unbeaufsichtigten Ort handelt, zutrifft, ungeklärt. Dies kann durchaus auch anders bewertet werden. Auch insoweit sollten die Vertragsparteien für einen vergleichbaren Fall vorab eindeutige Regelungen treffen, um solche Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.