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BGH, Urteil vom 22.05.2014 – I ZR 109/13 – “Beweiswert einer Übernahmequittung


Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22.05.2014 (I ZR 109/13) entschieden, dass auch eine Übernahmequittung, die die Voraussetzungen eines Frachtbriefs nicht erfüllt, Beweiswert hat und dieser auch nicht dadurch erschüttert wird, dass die Quittung „blind“ unterschrieben wurde.

Im Streitfall wurde der Frachtführer beauftragt, eine Vielzahl von Packstücken, darunter zwei Päckchen mit Carboplatin zu transportieren. Der Fahrer hielt sich während des Beladevorgangs im Führerhaus des Lkw auf und bestätigte anschließend auf der ihm vorgelegten Ladeliste „obige Sendung erhalten“. Daraufhin schloss der Fahrer den bis dahin offen stehenden Lkw mit einer Plombe. Bei der Entladung des Lkw im Lager fehlte eines der Päckchen mit Carboplatin (Warenwert EUR 77.180,54).

Das OLG Frankfurt hat die Klage abgewiesen, da der Übernahmequittung keinerlei Beweiswert zukomme und der Nachweis der Übernahme des Päckchens nicht geführt worden sei. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nunmehr aufgehoben und den Rechtsstreit zurückverwiesen und dies damit begründet, dass der Frachtführer sich treuwidrig verhält, wenn er bzw. sein Erfüllungsgehilfe bei der Übernahme die Anzahl der Güter kontrollieren kann, er von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch macht, gleichwohl deren Zahl quittiert und sich später darauf beruft, die Übernahmequittung sei „blind“ erteilt worden. In einem solchen Fall begründe die Übernahmequittung die widerlegliche Vermutung, dass die angegebene Stückzahl zutrifft. Für dieses Ergebnis spreche auch die große Bedeutung, die der Übernahmequittung im Bereich des Transportwesens für den Nachweis der Übernahme des Gutes zukommt. Unterzeichne der Frachtführer die Übernahmequittung, ohne die angegebene Stückzahl einer möglichen Kontrolle zu unterziehen, halte er den Absender regelmäßig davon ab, seinerseits die erforderlichen Beweise für die Übernahme des Gutes zu sichern. Dies gilt nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn tatsächlich eine Kontrolle vor Unterzeichnung der Übernahmequittung nicht erfolgt ist und dies auch dem Auftraggeber bekannt ist. Denn es ist nicht Aufgabe des Auftraggebers, den Fahrer zu Überprüfungsmaßnahmen anzuhalten, dies sei vielmehr Sache des Frachtführers.