Project Description

OLG München, Urteil vom 20.08.2013 – 9 U 794/12; BGH, Beschluss vom 09.03.2016 – VII ZR 231/13– “Auch ein relativ kleines Gewerk kann für das gesamte Vertragsinteresse des Bauherrn haften


Vielfach ist in Handwerkerkreisen die Auffassung vorherrschend, dass sich der Schadensersatz ja nur auf einen Bruchteil des eigenen Werklohns erstrecken könnte. Die Einstellung, die bei einem Mangel an einem Teil des Gewerkes möglicherweise (keinesfalls in jedem Fall) noch zutreffend ist, gilt aber dann nicht, wenn z.B. die Pflichtverletzung des Handwerkers den Gesamtvertragszweck, den der Auftraggeber mit der Maßnahme verfolgt, gefährdet. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht München zu entscheiden und hat dies nach Auffassung des Bundesgerichtshofs richtig getan:

Der Bauherr eines Wohnhauses nimmt den von ihm beauftragten Parkettleger wegen Mängeln auf Vorschuss in Anspruch, zugleich verlangt er Schadensersatz wegen durch den Nichtverkauf einer Wohnung angefallenen Kreditzinsen und wegen Mietausfalls aus der Nichtvermietung einer weiteren Wohnung, in der der Parkettleger nicht fertig wurde. Der Bauherr verklagte den Parkettleger auf ca. EUR 50.000,00 an Mangelbeseitigungskostenvorschuss und EUR 210.000,00 an Schadensersatz. In diesem Umfang wird der Klage auch stattgegeben.

Zwar wendet der Parkettleger ein, er sei nicht auf die Gefahr eines großen Schadens hingewiesen worden, das erweist sich aber nicht als tragfähig, da der Bauherr auf Schäden für den Fall verspäteter Bezugsfertigkeit allgemein hingewiesen hat. Ein weiterer Hinweis auf konkret drohende Schäden war danach nicht mehr nötig.

Dem Bauherrn war aus Sicht des Gerichts zur Schadensminderung auch nicht zuzumuten, die Wohnung in unrepariertem Zustand zu verkaufen.

Handwerkern ist, auch wenn sie gegebenenfalls schon in einer Streitigkeit mit dem Bauherrn sind, immer anzuraten, auf eine Mangelrüge hin die Situation vor Ort in Augenschein zu nehmen und zunächst einmal zu dokumentieren und, falls tatsächlich ein Mangel vorliegt, der Mangelbeseitigung hohe Priorität einzuräumen, um Folgeschäden, die nicht nur in höheren Ersatzvornahmekosten bestehen können, sondern vor allem auch, wenn ein geplantes Geschäft ganz platzt (der Verkauf kommt nicht zu Stande mangels mangelfreier Fertigstellung oder die Vermietung/langfristige Vermietung scheitert), zu vermeiden.