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BGH, Urteil vom 18.11.2016 – V ZR 49/16 – „Auch Änderungen am Sondereigentum können genehmigungspflichtig sein


Ohne die Zustimmung von benachteiligten Wohnungseigentümern sind Änderungen am Gemeinschaftseigentum gemäß § 22 Abs. 1 WEG grundsätzlich unzulässig. Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob eine bauliche Maßnahme am Sondereigentum ebenfalls einer derartigen Zustimmungspflicht unterliegt. Das ist dann der Fall, wenn eine bauliche Maßnahme am Sondereigentum auf den optischen Gesamteindruck des Gebäudes ausstrahlt und diesen erheblich verändert. Zwar darf jeder Eigentümer mit seinem Sondereigentum nach Belieben verfahren, er muss dabei das Gesetz und die Rechte Dritter berücksichtigen, wie aus § 13 Abs. 1 WEG zu entnehmen ist. Die Feststellung, ob durch die bauliche Veränderung ein Nachteil vorliegt, erfordert einen Vorher-Nachher-Vergleich, bei dem in wertender Betrachtung der optische Gesamteindruck des Gebäudes vor der baulichen Maßnahme dem als Folge der baulichen Maßnahme entstanden optischen Gesamteindruck gegenüberzustellen ist. Es ist demnach auf das Gebäude als Ganzes abzustellen, nicht auf das einzelne veränderte Bauteil. Der Bundesgerichtshof wendet damit § 22 Abs. 1 WEG analog an, der nach seinem Wortlaut nur auf das Gemeinschaftseigentum anwendbar ist. Die Veränderung muss im Ergebnis erheblich sein. Bei der damit anzustellenden wertenden Betrachtung ist festzustellen, welche Bedeutung das veränderte, hinzugefügte oder entfernte Bauteil für den optischen Gesamteindruck des Gebäudes hat, ob durch die bauliche Maßnahme Elemente verändert werden, die diesen Eindruck prägen und ob sich das Bauteil trotz der Veränderung in Gestalt, Form und Farbgebung in das Gesamtbild einfügt. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei Ersetzung reparaturbedürftiger Teile diese nicht immer (mit vertretbarem Aufwand) originalgetreu sich ersetzen lassen.

Selbst, wenn man aber zu einer derartigen erheblichen Veränderung des optischen Gesamteindrucks des Gebäudes kommt, folgt daraus noch nicht automatisch, dass die Errichtung der baulichen Veränderung der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurfte. Denn auch die Vorschriften der §§ 22 Abs. 2 und 3 WEG sind entsprechend anzuwenden. Handelt es sich nämlich bei der Maßnahme am Sondereigentum um eine Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung, genügt es, wenn die in diesen Vorschriften genannten Mehrheiten der Wohnungseigentümer zustimmen. Liegt demnach eine derartige Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung vor, entfällt ein Anspruch auf Beseitigung der baulichen Veränderungen erst dann, wenn eine Zustimmung zu solchen Maßnahmen und deren Genehmigung durch die Wohnungseigentümer mit der entsprechend in § 22 Abs. 2 oder 3 WEG dort geregelten erforderlichen Mehrheit vorliegt.

Klargestellt ist demnach vom Bundesgerichtshof, dass bauliche Veränderungen nicht nur am Gemeinschaftseigentum problematisch sind, da diese grundsätzlich von allen benachteiligten Eigentümern zu genehmigen sind, sondern dies auch im Einzelfall für bauliche Veränderungen am Sondereigentum zutrifft. Ob die Zustimmung aller benachteiligten Eigentümer tatsächlich notwendig ist, richtet sich wiederum danach, ob es sich möglicherweise nur um eine Modernisierung oder modernisierende Instandsetzung handelt, für welche geringere Quoren gelten.